Wie viele querschnittgelähmte Menschen in der Schweiz sind überhaupt erwerbstätig? Wie präsentieren sich diese Zahlen im Vergleich mit der generellen Bevölkerung? Die SwiSCI Studie, initiiert und geleitet von der Schweizer Paraplegiker-Forschung (SPF), liefert aussagekräftige Umfrageergebnisse zur Arbeitsmarktbeteiligung.
Diese Frage beschäftigt Betroffene im erwerbsfähigen Alter wohl als eine der ersten, wenn die Diagnose Querschnittlähmung gestellt ist. Kaum ein anderer Lebensbereich beeinflusst uns in der heutigen Zeit mehr als die Berufstätigkeit. Sie sichert nicht nur den Lebensunterhalt, sondern bietet auch Kontakt mit anderen. Wer arbeitet, ist häufiger zufrieden und stolz. Überdies sind Anerkennung und Würdigung wichtige Elemente für ein positives Selbstwertgefühl. Arbeit hat damit einen entscheidenden Einfluss auf unsere Lebensqualität und Gesundheit [1]. Aus diesem Grund ist Arbeit eine sehr bedeutende Komponente für eine erfolgreiche Rehabilitation querschnittgelähmter Menschen.
In der Schweiz liegt die Arbeitsmarktbeteiligung von Querschnittgelähmten bei rund 53%. Der Grossteil der Erwerbstätigen - 82% - arbeitet in einem Teilzeitpensum [2].
Wie auch in der Gesamtbevölkerung, arbeiten in der Gruppe der Querschnittgelähmten etwas mehr Männer als Frauen (57% Männer). Männer arbeiten zudem eher in Vollzeit (20%), als Frauen (11%).
Das Alter hat einen entscheidenden Einfluss auf die Erwerbstätigenquote. Die meisten Betroffenen sind in einem Alter zwischen 16 und 40 Jahren erwerbstätig. Danach nimmt die Quote ab. Dieser Trend liegt jedoch auch in der Gesamtbevölkerung vor.
Bei Querschnittgelähmten sind die mit dem Alter zunehmenden körperlichen Beeinträchtigungen vermutlich ausschlaggebend für den Rückgang der Erwerbstätigkeit. Schmerzen und Erkrankungen sind, zusätzlich zu der eingeschränkten Funktionsfähigkeit, hauptverantwortlich für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben.
Paraplegiker (57% der Erwerbstätigen) arbeiten eher als Tetraplegiker.
Die Länge der Ausbildung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Erwerbstätigenquote. Je höher der Bildungsgrad, desto eher sind Betroffene erwerbstätig. So sind querschnittgelähmte Personen mit einer 10-12-jähren Berufsausbildung (inkl. Anzahl der Jahre in der Volksschule) mit einem Anteil von 41% erwerbstätig. Haben Betroffene eine Ausbildung bis zu 16 Jahren absolviert, sind sie mit einem Anteil von 58% erwerbstätig. Mit einer Hochschulausbildung, die mindestens 17 Jahre umfasst, sind 70% der Betroffenen erwerbstätig.
Je länger eine Person querschnittgelähmt ist, desto eher ist sie erwerbstätig. In der ersten Phase nach der Querschnittlähmung stehen vorrangig die Rehabilitation, die psychosoziale Auseinandersetzung mit der neuen Situation, Umorientierungen und Umschulungen an erster Stelle. Danach kann ein grosser Teil der Betroffenen wieder arbeiten. Die Erwerbstätigenquote steigt bis ca. 15 Jahre nach Eintritt der Querschnittlähmung an.
Die Erwerbstätigenquote von Menschen mit einer Querschnittlähmung liegt rund ein Drittel niedriger als in der gesamten Bevölkerung. Im Jahr 2012 verzeichnet das Bundesamt für Statistik eine Erwerbstätigenquote von 79.4% für die gesamte Schweiz [3].
Weltweit liegt die Beschäftigungsrate von Personen mit Querschnittlähmung bei rund 37%. Die niedrigste Beteiligung ist mit 30% in Nordamerika zu finden. Die höchste Beteiligung weist Europa mit durchschnittlich 51% auf [4].
Mit einer Beschäftigungsquote von 53% liegt die Schweiz europaweit im Spitzenfeld. Trotz mangelnder vergleichbarer Datenlage, lässt sich für südeuropäische Länder eine deutlich geringere Erwerbsquote feststellen [5]. Beispielsweise liegt die Quote in Italien bei 34.7% [7]. Skandinavische Länder haben eine mit der Schweiz vergleichbare oder höhere Quote. Spitzenreiter ist Norwegen mit 65-70% [8]. Aber auch die Niederlande mit 51% sind mit der Beschäftigungsquote der Schweiz vergleichbar [8].
Dies zeigt, dass in der Schweiz bereits sehr viel für eine gute Arbeitsintegration querschnittgelähmter Menschen getan wird.
Eine Anlaufstelle ist zum Beispiel „ParaWork Berufliche Eingliederung“, ein Bereich des Schweizer Paraplegiker-Zentrums in Nottwil. Die Wiedereingliederung in den Beruf wird hier bereits in der ersten Phase der Rehabilitation aktiv gefördert. Ein professionelles Team berät, betreut und unterstützt Betroffene, um individuelle Lösungen für ihre beruflichen Laufbahnen zu entwickeln.
Für Stefan Staubli, Leiter von „ParaWork“, ist die Wiedereingliederung von 53% der Betroffenen zu niedrig. Seiner Meinung nach könnten bis zu dreiviertel der Querschnittgelähmten erwerbstätig sein. Mit dem Modell des gezielten Job Coaching versucht ParaWork seit 3 Jahren, Rollstuhlfahrer dauerhaft in das Berufsleben zu integrieren. Auch die SPF entwickelt in enger Kooperation mit ParaWork und im Rahmen einer vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Studie zum Thema "Job Matching" neue Ansätze für das Job Coaching [9, 10]. Das Job Coaching sei eine „Erfolgsgeschichte“, so Staubli. Denn wenn mehr Rollstuhlfahrer eine bezahlte Arbeit leisten, könnte sich der volkswirtschaftliche Nutzen durch die Rentenreduktion bald in Millionenhöhe bewegen [11].
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